Zum Inhalt springenZur Suche springen

Aktuelle Publikation in PNAS
Wie HIV-1 die zelluläre Abwehr austrickst

Die weltweite Pandemie von HIV-1 mit über 40 Millionen Infektionen zeigt, wie gut das Virus an den Menschen angepasst ist. HIV-1 entstand im Menschen durch Infektionen mit simianen Immundefizienzviren (SIV) aus Schimpansen und Gorillas im Rahmen der Jagd und Schlachtung dieser Menschenaffen. Dieses Virus gilt als Ursprungsvirus für das menschliche Immunschwächevirus HIV: Daraus hat sich das pandemische HIV-1 entwickelt, das als HIV-1 M bezeichnet wird. Daneben hat man in West-Afrika in einer geringen Anzahl von Menschen andere HIV-1 Viren gefunden, die man als HIV-1 N, HIV-1 O oder HIV-1 P bezeichnet. Diese nicht-pandemischen HIV-1 zeigen nur eine sehr geringe Verbreitung im Menschen.

Zoom

HIV-1 ist im Menschen nach Übertragung von SIVs aus Schimpansen und Gorillas entstanden. HIV-1 M hat sich als das pandemische Virus entwickelt (> 40 Millionen Infektionen). Im Gegensatz dazu treten die nicht-pandemischen HIV-1 N, HIV-1 O und HIV-P nur in wenigen Menschen auf. Die neue Studie aus dem Labor von Prof. Münk in Zusammenarbeit mit Prof. Gohlke kann nun diese Entwicklung erklären: HIV-1 M blockiert das humane antivirale TRIM5α Protein in der Zelle, indem es Cyclophilin A so bindet, dass sich die Struktur der TRIM5α Bindestelle im Virus ändert. Die nicht-pandemischen HIV-1s schaffen es nicht mit Cyclophilin A die Bindung von TRIM5α zu hemmen und werden deshalb durch TRIM5α zerstört. Neue Medikamente, die die Bindung von Cylophilin A an HIV-1 M unterdrücken, könnten als Folge dieser Entdeckung entwickelt werden.

Forschungsergebnisse aus der HIV-Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Carsten Münk, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie (Direktor Prof. Dr. Tom Lüdde), in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Holger Gohlke, Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, haben nun einen neuartigen Mechanismus identifiziert, der erklärt wie HIV-1 M sich an die menschliche Zelle angepasst hat. Menschliche Zellen besitzen das Protein TRIM5α, das eindringende Retroviren wie z.B. SIVs in der Zelle bindet und dann zerstört (s. Abb. 1). Diese zelluläre Restriktion funktioniert bei der Abwehr von HIV-1 N, HIV-1 O und HIV-1 P und ist ein wesentlicher Faktor, warum diese Viren sich kaum in Menschen verbreiten. HIV-1 M, das pandemische Virus, weicht dem TRIM5α Protein aus, im dem es ein anderes zelluläres Protein (Cyclophilin A) so bindet, dass die TRIM5α Bindung unterdrückt wird.

Cyclophilin A ist ein Enzym, das die Faltung sich neu formender Proteine unterstützt, indem es eine sogenannte trans-cis-Isomeraseaktivität aufweist. Interessanterweise wird die trans-cis-Isomerisierung durch Cyclophilin A bei HIV-1 M am stärksten katalysiert, was einen langreichweitigen Einfluss auf die Struktur der Bindestelle von TRIM5α im Virus haben kann. Im Gegensatz dazu hat Cyclophilin A bei den nicht pandemischen HIV-1s eine deutlich reduzierte katalytische Wirkung, was dazu führen kann, dass antivirales TRIM5α an diese Viren bindet und sie zerstört.

Die Studie hat einen neuen „Schwachpunkt“ von HIV-1 identifiziert und könnte so zu neuen HIV-1 Medikamenten führen, die die Bindung von Cyclophilin A an das Virus in der Zelle unterdrücken. Die Studie wurde jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „The Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)“ publiziert.

Originalpublikation: 

Augustin P. Twizerimana, Daniel Becker, Shenglin Zhu, Tom Luedde, Holger Gohlke, Carsten Münk. The cyclophilin A-binding loop of capsid regulates the human TRIM5α sensitivity of non-pandemic HIV-1. Proc. Natl. Acad. Sci. 2023, 120, e2306374120.

 

Autor/in:
Kategorie/n: Medizinische Fakultät
Verantwortlichkeit: