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Applaudierendes Publikum bei der Lehrpreisverleihung für Medizin

Giacomo Padrini

"Man lernt schlicht und einfach leichter, wenn man dabei Freude empfindet."

Giacomo Padrini studiert Humanmedizin im achten Semester, befindet sich aktuell im Freisemester und schreibt seine Doktorarbeit in der Biochemie. Nebenbei arbeitet er als Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin und unterrichtet unter anderem ein Praktikum der medizinischen Terminologie in der Qualifikationsphase 1, für das er für den Lehrpreis der Medizinischen Fakultät nominiert wurde. Sein Unterricht sei unter anderem klar strukturiert, sehr interaktiv und beinhalte viele Beispiele und Übungen, die gemeinsam erarbeitet werden. Zudem zeichne Padrini seine fachliche Kompetenz und seine Begeisterung für sein Fach und seine Lehre aus.

Was sind die Inhalte Ihres Kurses?

Es ist zum einen die medizinische Fachsprache, sowohl anatomisch, als auch klinisch, weil es da sehr viele Fachbegriffe gibt, auf die man im Alltagssprachgebrauch nicht stößt. Da gehört Latein dazu mit ein bisschen Grammatik, altgriechische Vokabeln. Termini, die eingedeutscht sind, aber eben aus der Fachsprache stammen.

Als zweites Standbein ist der medizinhistorische Aspekt dabei. Dass praktisch im Kurs umrissen wird, wie seit der Antike die Entwicklung der Medizin stattgefunden hat. Von einer Art Götterglauben in der Antike über die Vier-Säfte-Lehre, die in der Antike im alten Griechenland aufkam und auf Aderlass und Urinschau als Behandlungsmethoden beruhte. Da sind auch einige ums Leben gekommen, weil etwas zu viel Blut abgelassen wurde. Man führt auch heute noch Aderlässe durch, aber zum Beispiel nur bei Eisenspeicher-Krankheit. So kann man dem Körper gut Eisen entziehen, indem man rote Blutkörperchen abnimmt, die viel Eisen enthalten. Das habe ich in der Famulatur auch selbst mal gemacht.

Warum sind diese Kenntnisse für Mediziner:innen wichtig?

Die fachsprachlichen Kenntnisse halte ich für sehr wichtig, weil man es dadurch einfacher hat, Anatomie zu lernen. Anatomie kommt direkt im Themenblock 2 und das ist für viele dann die erste große Herausforderung, weil Themenblock 1 ist ja noch verhältnismäßig entspannt.

Wenn die Studierenden das erste Mal im Präpariersaal stehen – so ging es mir damals auch – ist man erschlagen von der Menge an neuen Begriffen und Dingen, die man auswendig lernen muss. Da hilft es ungemein, wenn man viele Körperteile und viele Muskelgruppen, einzelne Muskeln und Organe auf lateinische Begriffe zurückführen kann. Dann hat man da direkt eine Bedeutung dazu. “Musculus teres” zum Beispiel, kann man sich kaum merken als Begriff. Da weiß man nicht, was es heißen soll. “Teres” heißt auf Latein aber ovalrund, und der Muskel sieht auch ein bisschen so aus. Schon hat man eine Assoziation. Und es hilft auch, weil es durchaus Dozierende gibt, die darauf Wert legen, dass man in der Prüfung korrekt dekliniert. Und den historischen Aspekt finde ich persönlich auch einfach sehr interessant. Gerade die Geschichten von den Aderlässen. Man muss natürlich schauen, dass man nicht nur nette Anekdoten erzählt, sondern auch historisch fundierte Fakten. Aber ich glaube, es gibt genügend nette Anekdoten, die man da einbauen kann, um den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten. Solche Geschichten kommen auch immer ganz gut an. Und ich denke, die Darstellungsweise macht ganz viel aus. Ich versuche, gerade die spaßigen Aspekte, – ohne die Inhalte natürlich leiden zu lassen – die es durchaus gibt in der Medizingeschichte, nach vorne zu bringen und zu demonstrieren.

Was macht für Sie gute Lehre aus?

Ich finde gute Lehre muss zum einen die relevanten Inhalte vermitteln, das ist eine Selbstverständlichkeit. Zum anderen müssen diese pädagogisch gut aufgearbeitet sein, damit sie eben Adressatengerecht vermittelt werden können. Es ist wichtig, nicht nur die fachlichen Grundlagen zu legen, sondern diese so zu vermitteln, dass genau die Gruppe, mit der ich spreche, diese auch versteht und interessant findet. Das bedeutet, da ist viel Aufbereitungsarbeit dabei, diese unterhaltsam zu gestalten.

Ich weiß, dass es da auch Menschen gibt, die sagen, dass sie das gar nicht wollen, und das kann ich auch verstehen. Ich bin aber der Meinung, dass man schlicht und einfach leichter lernt, wenn man dabei Freude empfindet. Es wird bestimmt nicht in jeder Vorlesung und jedem Seminar gehen, aber ich halte es durchaus für möglich, in den meisten Veranstaltungen, ohne dass der Inhalt leidet, unterhaltsame Aspekte einzubauen. Ich denke, Lehre muss lebendig sein. Und vor allem – das finde ich auch sehr wichtig – ich halte nichts von Veranstaltungen, in denen nur etwas heruntergebetet wird. Ich bin der Meinung, dass eine gute Präsenzlehrveranstaltung immer eine Form der Interaktion beinhalten muss. Das funktioniert nicht für eine große Vorlesung mit 400 Studierenden, das ist mir bewusst und dass soll keine Kritik an die jeweiligen Dozierenden sein. Aber ich glaube, sobald es in irgendwie möglich ist, sollte in irgendeiner Art Interaktion mit der Gruppe stattfinden, um zu rechtfertigen, dass die Menschen sich nicht einfach ein Buch und ein Video angucken. Und die Unterlagen müssen vollständig sein und die Lehre bestmöglich unterstützen. Also auch nicht überfrachtet, sondern diese sollten ihren Beitrag dazu leisten, dass alle den Kurs verstehen.

Gibt es einen Moment, an den Sie sich gerne zurückerinnern?

Ja, es gibt sehr viele schöne Momente. Ich halte die Kurse jedes Jahr wieder mit großer Freude.

Da gibt es zwei Sachen. Zum einen, ich lasse immer Evaluationen machen, da ich nach jedem Kurs auch wissen möchte, wie dieser ankommt. Eine Studentin hat mir mal geschrieben, sie habe drei Jahre studiert und mein Seminar sei das beste gewesen, dass sie in der ganzen Zeit gehabt habe, weil ich das so lebendig und spaßig gestaltet hätte. Den Zettel habe ich aufgehoben, das hat mich sehr gefreut.

Und dann freut es mich immer, wenn Studierende nach dem Kurs weitergehende Fragen zum Inhalt haben und wirklich sagen, sie interessieren sich dafür. Manchmal kommen auch Leute, die nur fragen ‚Muss ich das jetzt wirklich lernen?‘. Da kann ich nichts sagen außer: ‚Ja, tut mir leid, das musst du.‘ Aber wenn die Leute kommen und fragen, wie war das denn mit Hippokrates oder mit Galenos von Pergamon, dann freut mich das. Wenn ich jemandem erzähle, Medizingeschichte und Terminologie finde ich spannend, dann denken viele Latein und Geschichte, wie langweilig.

Tatsächlich gibt es aber sehr viele interessant Aspekte und wenn Leute die kennenlernen und auch schätzen, dann freut mich das sehr. Und was mich auch gefreut hat: Als mal eine Studentin kam und sagte, sie habe so große Angst vor Latein gehabt und jetzt hätte sie keine Angst mehr, das fand ich schön.

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