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Wie man Wunden richtig versorgt

Im Gespräch mit Julia Kalthöfer, die für Ihre Lehre im Wahlfach „Interprofessionelles Wundmanagement“ für den Lehrpreis NRW nominiert war.

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Julia Kalthöfer studiert im achten Semester Humanmedizin und ist examinierte Krankenpflegerin. Außerdem ist sie geprüfte Wundexpertin und unterrichtet das Wahlfach „Interprofessionelles Wundmanagement“ am Trainingszentrum für ärztliche Kernkompetenzen (TZ). Dieses wurde von Studierenden beim diesjährigen Tag der Lehre der Medizinischen Fakultäten als studentische Lehrinitiative für den Lehrpreis NRW nominiert. Wir haben mit Julia Kalthöfer über ihren Werdegang und die Lehre im Wahlfach gesprochen.

Was möchten Sie in Ihrem Wahlfach vermitteln? 

Das Wahlfach wurde gegründet, da Wundmanagement im Studium nur kurz thematisiert wird. Dadurch fühlen sich viele im PJ aus hygienischer und fachlicher Sicht nicht sicher genug, einen Verbandswechsel ordnungsgemäß durchzuführen. Diese Kenntnisse möchte ich in meinem Kurs gerne vermitteln. Mein Ziel ist, dass jemand, der einen Verbandswechsel macht, eine Vorstellung davon hat, was zu tun und zu beachten ist. 

In meiner Fortbildung zur Wundexpertin habe ich mich vor allem mit chronischen Wunden befasst. Ich möchte daher auch einen Einblick geben, wie man mit chronischen Wunden umgeht. In einem Materialworkshop stelle ich die wichtigsten Produktgruppen zu deren Behandlung vor. Im Gegensatz zu den chronischen Wunden sind zum Beispiel OP-Wunden in der Regel unproblematisch, solange sie sich nicht infizieren. 

Wie sind Sie dazu gekommen, Medizin zu studieren?

Ich wollte schon immer Medizin studieren. Meine Mutter ist Ärztin, dadurch war ich schon früh in Kontakt mit der Medizin, das Thema hat mich interessiert und mir Spaß gemacht. Da es mit dem Abitur-Schnitt aber nicht so gepasst hat, habe ich zunächst eine Ausbildung gemacht. Mir war aber klar, dass ich in der Pflege nicht bleiben will, sondern danach Medizin studieren möchte. 

Ich wollte immer in einem Beruf arbeiten, der den Menschen direkt etwas bringt. Ich möchte etwas bewirken und Patient:innen helfen. Während der Wartezeit habe ich mich auch in andere Richtungen orientiert, aber vieles für mich ausgeschlossen. 

Wie sind Sie dann dazu gekommen, Wundexpertin zu werden?

Ich habe nach der Ausbildung nicht im Krankenhaus in der Pflege gearbeitet, sondern in einer ambulanten Dialysepraxis. Dort habe ich viele chronische Wunden gesehen, da Dialysepatient:innen oft auch Diabetes haben. Außerdem habe ich ein Jahr lang in der Praxis meiner Mutter als Assistentin gearbeitet. Hier hatte ich viel mit Wundversorgung zu tun und wurde so auf die Weiterbildung aufmerksam. Ich wollte mich gerne in einem Bereich spezialisieren.

Ich habe die TÜV-geprüfte Weiterbildung Wundexperte bei der ICW, der Initiative Chronische Wunden e.V., gemacht. Das ist eine Weiterbildung für pflegerische Expert:innen, es gibt aber auch eine für ärztliche Expert:innen. 

Als Wundexpertin kann man für die Patient:innen viel erreichen. Manche haben monatelang eine Wunde und es geht einfach nicht voran. Wenn hier Wundexpert:innen sozusagen einmal richtig aufräumen und die richtigen Materialien verwenden, sodass die Wunde nach drei Monaten geschlossen ist, sind die Patient:innen begeistert. Natürlich muss man erst herausfinden, warum das so ist, dass es überhaupt nicht heilt. Da gibt es viele Aspekte, die man berücksichtigen muss. Mir hat es Spaß gemacht, mich damit zu beschäftigen. 

Wie sind Sie auf das Wahlfach Wundmanagement aufmerksam geworden?

Eigentlich wollte ich keinen Nebenjob annehmen und mich auf das Studium konzentrieren. Aber dann habe ich die Stellenausschreibung des Trainingszentrums auf Instagram gesehen. Das Wahlfach existierte ja zuvor noch nicht. Das Thema war sehr nachgefragt, daher wurde jemand gesucht, der sich für das Thema Wunden interessiert und ein Wahlfach auf die Beine stellen kann. Das passte für mich wie die Faust aufs Auge, da konnte ich einfach nicht nein sagen. Es hat für mich perfekt gepasst und mir von Anfang an wirklich viel Spaß gemacht.

Wie war es, ein eigenes Wahlfach auf die Beine zu stellen?

Ich liebe es, etwas zu strukturieren und aufzubauen. Nachdem das Wahlfach konzipiert und die Präsentationen ausgearbeitet waren, musste ich infolge der Corona-Pandemie alles in letzter Minute auf online umstellen und die praktischen Inhalte streichen. Wir haben dann stattdessen Fallbeispiele oder Bilder von Wunden besprochen. 

Von Beginn an in das Wahlfach integriert war Dr. Wiebke Simmerling von der Kinderchirurgie des UKD.  Sie hat zum Thema Verbrennungen bei Kindern referiert. Außerdem hat sie Kontakt zu verschiedenen Firmen hergestellt, die Proben mit Verbandmaterialien geschickt haben. Als es wieder möglich war, praktischen Unterricht anzubieten, kam Norbert Kolbig hinzu, der am UKD Pflegeexperte für das Wundmanagement ist. Er unterstützt das Wahlfach mit einem Kompressionskurs, bei dem die Teilnehmenden das Wickeln üben und die verschiedenen Techniken erlernen.

Wie man einen Verband wechselt, üben wir an Wundmodellen. Einige Modelle habe ich selbst aus Spachtelmasse hergestellt. Andere hat das TZ bei einer Firma bestellt. Beim Wundkongress habe ich mir neue Inspiration im Kurs von Herrn Kolbig geholt und bald werden wir an Zucchinis herumschnibbeln und die Haut von Orangen mit chirurgischen Instrumenten abpellen. 

Würden Sie sagen, Ihre Ausbildung war eine gute Vorbereitung auf das Studium?

Ich bin froh, dass ich vor meinem Studium diese Ausbildung gemacht habe. Man hat nicht mehr so eine große Scheu vor Patientenkontakt oder andere Berührungsängste. Und man beherrscht Tätigkeiten wie zum Beispiel Blut abnehmen und impfen. Das ist eine gute Grundlage.

Was macht für Sie einen guten Arzt bzw. eine gute Ärztin aus?

Dass er oder sie die Patient:innen als Menschen nicht vergisst und sie nicht nur als Krankheitsbild betrachtet. Dass er oder sie mit den Patient:innen einfühlsam kommuniziert, damit diese sich nicht allein gelassen fühlen.

Persönlich sehr wichtig ist mir der Umgang mit Kolleg:innen und vor allem dem Pflegepersonal. Dieser sollte respektvoll und professionell freundlich sein. Da habe ich als Pflegerin leider einige Situationen erlebt, in denen dies nicht als Selbstverständlichkeit gesehen wurde. 

Was ist für Sie das Spannendste an der Medizin? 

Spannend an der Medizin finde ich, dass es oft wie Detektivarbeit ist. Ein Symptom steht immer für viele Krankheiten. Man muss sich durcharbeiten und die ganze Diagnostik durchgehen, um dann feststellen zu können, was die Ursache ist. 

Wissen Sie schon, was Sie in Zukunft nach Ihrem Studium machen möchten?

Ich bin ein Landei und werde auch irgendwann wieder aufs Land ziehen. Auf jeden Fall würde ich das Wundmanagement gerne in meine zukünftige ärztliche Tätigkeit integrieren. 

 

Fotos: Studiendekanat Medizin / Christian Herrmann

Autor/in:
Kategorie/n: Studium und Lehre, Medizinstudium, Trainingszentrum
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