Dr. Carsten Döing ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Oberarzt an der Klinik für Allgemeine Pädiatrie, Neonatologie und Kinderkardiologie und Leiter des Trainingszentrums für ärztliche Kernkompetenzen. Im Interview der Reihe „Menschen“ erzählt er, warum die Pädiatrie die coolsten Patient:innen hat, dass er durch Zufall zur Medizin gekommen ist und wie er Ausgleich findet.
In deiner Präsentation bei der vergangenen Erstsemesterbegrüßung hast du von der Work-Smile-Balance in der Pädiatrie gesprochen. Warum ist diese hier besonders gut?
Das Tolle an der Pädiatrie sind natürlich die Patient:innen. Wir haben die coolsten Patient:innen, die einen trotz aller Herausforderungen oft zum Lachen bringen. Außerdem ist die Stimmung innerhalb der Kinderklinik mit allen Berufsgruppen sehr gut. Es ist einfach das schönste Fach und ich würde es immer wieder wählen.
Wie bist du zur Pädiatrie gekommen?
Ich habe in England in Newcastle eine Famulatur in der Pädiatrie gemacht. Diese hat mich so begeistert, dass ich gesagt habe, das ist mein Fach. Das Team und die Arbeitsatmosphäre dort waren toll. Alle waren für die Kinder im Einsatz, man hat auf Augenhöhe gearbeitet und Wertschätzung erfahren. Dort habe ich auch das erste Mal festgestellt, dass Kinder die ehrlichsten Patient:innen sind: Sie kommunizieren sehr schnell, ob sie mit dir zufrieden sind.
Nach der Famulatur in Newcastle hatte ich im Studium in Deutschland das Fach Pädiatrie bei einem sehr engagierten Lehrenden. Daraufhin habe ich mich dafür entschieden, mich im PJ für Pädiatrie zu bewerben. So bin ich schlussendlich Kinderarzt geworden.
Wie gehst du mit schlimmen Fällen oder Krankheitsverläufen um?
Es ist sehr wichtig, darüber im Team zu sprechen und diese zu verarbeiten. Das nimmt man auch mit nach Hause, da bin ich ganz ehrlich. Die Patientinnen und Patienten, die man im Dienst verloren hat, vergisst man nie. Es hilft, sich ins Bewusstsein zu rufen, dass man da war und alles getan hat, was möglich war. In der Kinderklinik ist es aber glücklicherweise sehr selten, dass wir Situationen wie eine Reanimation erleben.
Was ist für dich das Spannendste an der Medizin allgemein?
Das Abenteuer Diagnose: Ausgehend vom Leitsymptom muss man sich überlegen, was der Patient oder die Patientin hat, wodurch das Symptom hervorgerufen wird. Man muss alles vernetzen und letztendlich vom Krankheitsbild zur therapeutischen Option kommen. Die Therapiemöglichkeiten werden außerdem ständig weiterentwickelt; man sollte die neuen Erkenntnisse der evidenzbasierten Wissenschaft kennen und berücksichtigen. In der Pädiatrie ist es auch eine schöne Herausforderung, dass man den Kindern alles verständlich erklären muss.
Wenn man dann erleben kann, wie jemand gesund wird; wie die Therapie die Symptome bessert – das ist das Tolle an der Medizin.
Warum hast du dich entschieden, Medizin zu studieren?
Das war Zufall. Ich habe ein Schülerpraktikum auf einer Inneren Station im Kreiskrankenhaus gemacht. Die Arbeit dort hat mir viel Freude bereitet und mich fasziniert. In der Schule hatte ich großes Interesse an Chemie und Biologie. Außerdem hat Medizin viel mit Menschen zu tun und man arbeitet im Team. Daher habe ich mich für Medizin beworben.
Welche Disziplin innerhalb der Pädiatrie ist deine liebste?
Ich habe noch die Spezialisierungen Kinder-Diabetologie und Kinder-Endokrinologie gemacht. Und aktuell bin ich auch für die Notaufnahme zuständig. Die Notaufnahme der Kinderklinik ist einer der spannendsten und herausforderndsten Bereiche, weil man unterschiedliche Krankheitsbilder sieht. Die Arbeit berührt viele Fachbereiche. Jeder Tag in der Kindernotaufnahme hat einen unterschiedlichen Verlauf.
Wie hast du die RSV-Welle diesen Winter erlebt, über die so viel in den Medien berichtet wurde?
Wir waren hinsichtlich der Bettenkapazität komplett belegt, da viele kleine Kinder schwere Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) hatten. Wir mussten Kinder verlegen, die Sauerstoffbedarf hatten. Das war eine Situation, die für alle Kinderkliniken eine große Herausforderung darstellte.
Ich denke, dass dies die Bedeutung der stationären Kinderheilkunde vor Augen führt. Das zeigt, dass wir auch nach der Corona-Pandemie insbesondere aufgrund der RS-Viren, die für die Kinder gerade im Säuglings- und Kleinkindalter einen schwerwiegenden Verlauf haben können, stationäre Aufnahmekapazitäten vorhalten müssen.
Was macht für dich einen guten Arzt aus?
Empathisch, wertschätzend, verständnisvoll. Neugierig insofern, dass er eine Diagnose und die Therapieoptionen finden will. Außerdem ist Ansprechbarkeit wichtig.
Wie findest du deinen Ausgleich?
Meine Arbeit hat viele unterschiedliche Facetten. Zum einen die Arbeit direkt am Patienten in der Notaufnahme, zum anderen habe ich mit dem Trainingszentrum und der Lehre noch ganz andere Bereiche, die ich betreuen darf. Ein Beispiel sind meine Kurse „Fit für M2 - Pädiatrie“ und „Fit für M3“ – ich habe viel Freude dabei, darin das Wissen für das Staatsexamen zu vermitteln. Insofern besteht meine Arbeit aus einer abwechslungsreichen Mischung.
Privat natürlich durch Freunde und durch Hobbys. Außerdem reise ich gerne, dabei kann ich gut abschalten. Ich bin viel mit dem Rucksack unterwegs gewesen, als Backpacker in Südamerika aber auch in Indien und Nepal. Andere Kulturen zu erleben und in der Natur zu sein, ist ein schöner Ausgleich.
Was ist dein Lieblingsort hier auf dem Campus?
Das Trainingszentrum hat einen traumhaften Ausblick auf das gesamte Klinikumsgelände. Man sieht sogar den Rheinturm. Bei uns gibt es Kurse und Wahlfächer „with a view“! Das Trainingszentrum leiten zu dürfen macht mir ohnehin sehr viel Freude, dahinter steckt ein tolles und motiviertes Team mit kreativen Studierenden und Mitarbeiter:innen des Studiendekanats.
Fotos: Studiendekanat Medizin/Christian Herrmann