Prof. Dr. Andreas Krieg
"Gute Lehre bedeutet, dass man für jede Frage ein offenes Ohr hat."
Prof. Dr. Andreas Krieg ist leitender Oberarzt in der Klinik für Allgemein-, Viszeral und Kinderchirurgie. Die Studierenden nominierten ihn für seine Vorlesung und für seine Rolle als Blockkoordinator im Studienblock Abdomen: "Herr Prof. Krieg zeigte sich insgesamt als hervorragender Lehrender seines Fachs und managte den Studienblock Abdomen als Bindeglied zwischen Studierenden und Lehrenden äußerst kompetent."
Insbesondere mit seiner Umsetzung des Studienblocks während der coronabedingten "Ausnahmesemester" kann Prof. Krieg die Studierenden überzeugen. Ihm sei es gelungen, die Digitalisierung im Studienblockauf ein neues Level zu bringen. Mit einer Kombination aus technisch einwandfreien Screencasts, hochwertigen Operationsvideos und dem stetigen Einbezug der Studierenden in Form von Patientenfällen oder wöchentlich angebotenen Online-Sprechstunden schafft er es, die Studierenden für sein Fach zu begeistern.
Neben Ihrer Rolle als Blockkoordinator wurden Sie ja auch für Ihre Vorlesung nominiert. Was ist das Besondere daran?
Im Zuge der Corona-Pandemie mussten wir die Vorlesungen ja komplett auf E-Learning Formate umstellen. Teilweise waren das Screencasts, teilweise Veranstaltungen über MS Teams, und ich habe mir damals überlegt, dass ich den Studierenden gerade in dieser schwierigen Situation gerne eine Plattform bieten möchte, und das war „Meet your Prof“. Da gebe ich den Studierenden in einem sehr unkomplizierten, lockeren Ambiente über MS Teams die Möglichkeit, die Themen der Allgemein- und Viszeralchirurgie zu wiederholen. Es können ganz offen Fragen gestellt werden, niemand muss sich genieren und bestimmte Dinge werden noch einmal vertieft. So kann man den Studierenden ein gewisses Feedback geben, wie weit der Lernstand ist und es lässt sich eine bessere Interaktivität herstellen, die teilweise durch das E-Learning ein bisschen verloren gegangen ist.
Die Teilnahme war für die Studierenden freiwillig und ich habe auch nie ein festes Zeitfenster genannt, damit man genügend Zeit und auch eine gewisse Flexibilität hat. Mir war es wichtig, dass die Studierenden einen Lehrenden zum Anfassen haben, obwohl es nur über den Monitor läuft. Es sollte einfach sehr interaktive Lehre zum Anfassen sein, und ich glaube das hat den Studierenden ganz gut gefallen. Zusätzlich habe ich auch immer zu jedem aktuellen Thema Quizfragen gestellt. Die Studierenden konnten das dann freiwillig und natürlich auch anonym beantworten und ich konnte über die Statistik sehen, wie der aktuelle Lehrerfolg ist.
Gerade die Chirurgie lebt ja vom praxisorientierten Lernen und auch hier haben wir das Medium genutzt, zum Beispiel um zu zeigen, wie ein Klammernahtgerät zur Herstellung von Anastomosen aussieht. Auch das konnte man ganz gut über die Videoplattform machen.
Für die gelungene Umstellung auf digitale Lehrformate während der Corona-Pandemie haben Ihre Studierenden Sie besonders gelobt. War diese Umstellung auch mit Schwierigkeiten verbunden?
Die Umstellung auf E-Learning aufgrund der Corona-Pandemie hat uns sicherlich vor eine große Herausforderung gestellt. Es kam einfach sehr kurzfristig und wir wussten damals alle nicht, wie wir damit umgehen sollen. E-Learning war, würde ich sagen, in der Medizin noch nicht so etabliert und da war es gerade als Blockkoordinator für mich eine Herausforderung, alle zu motivieren, den Studierenden ein vernünftiges Lernmedium zur Verfügung zu stellen.
Und was nehmen Sie aus dieser Zeit für die Zukunft mit?
Im Endeffekt hat es auch mich weitergebracht. Ich habe mich zum ersten Mal sehr intensiv mit E-Learning auseinandergesetzt und bin mittlerweile ein sehr großer Freund davon geworden. Man kann einfach vieles spontaner machen, man hat mehr Zeit, man ist flexibel, weder Studierende noch Lehrende sind an irgendeinen Ort gebunden und das hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Gerade in Fächern, in denen man praktische Tätigkeiten auszuüben hat, ist es toll, wenn man z.B. auch Operationsvideos zur Verfügung stellt, die sich Studierende dann länger angucken können. Das heißt, die Herausforderung hat uns allen auch gelehrt, dass es tolle Lehrmedien gibt.
Was macht für Sie gute Lehre aus?
Für mich ist natürlich Praxisorientierung wichtig. Wir wollen Mediziner:innen ausbilden, die später, wenn sie ihr Staatsexamen abgeschlossen haben, gewisse Fertigkeiten haben, damit ihnen das Arbeiten mit den Patient:innen leichter fällt. Da ist mir ganz wichtig, dass man sein Fach immer im allgemeinmedizinischen Kontext sieht und dadurch den Studierenden sowohl Disziplinarität als auch Interdisziplinarität bietet. Es muss auch jemanden interessieren können, der gar kein Chirurg werden möchte, sondern Hausarzt oder Internist.
Außerdem ist mir wichtig, dass ich die Studierenden motiviere. Ich möchte sie natürlich auch für mein Fach begeistern und ich wünsche mir, dass die Studierenden Spaß am Lernen haben. Gute Lehre bedeutet, dass man für jede Frage ein offenes Ohr hat, dass man auch zeitnah erreichbar ist. Am Ende des Tages sollte die:der Studierende sehen: „Ich habe einen gewissen Lernerfolg und ich habe da jemanden, wo ich immer nachfragen kann, auch wenn ich mal etwas nicht so ganz verstanden habe.“
Gibt es Momente, an die Sie sich besonders gerne zurückerinnern?
(Lacht). Es gibt da tatsächlich eine Sache. Das war die Blockabschlussklausur, noch vor der Corona-Pandemie, die fand am Altweiberdonnerstag statt und eine Gruppe von Studierenden kam in roten Overalls. Die haben dann einen Kasten Bier vorne im Hörsaal hingestellt und alle konnten sich dann nach der Klausur da ein Bier holen. Wir haben es natürlich nicht gemacht, weil wir danach noch arbeiten mussten, aber wir haben dann am Ende noch alle zusammen ein Foto gemacht, das war sehr lustig. Dass die Studierenden da trotz des ganzen Klausurstresses so entspannt waren und für gute Stimmung gesorgt haben, das war wirklich schön.
Wie haben Sie reagiert, als Sie von der Nominierung erfahren haben?
Zum einen war ich überrascht, aber es hat mich natürlich auch sehr gefreut.
Ich denke, das Schönste für einen Lehrenden ist es, so ein Feedback von Studierenden zu bekommen. Das hat mich sehr glücklich und stolz gemacht.
Es zeigt einem auf jeden Fall, dass man so weiter machen sollte.
Wissen sie schon, wofür Sie das Preisgeld einsetzen würden?
Ich würde es auf jeden Fall in E-Learning investieren. Was ich gerne in der Chirurgie machen würde ist, dass wir während der Operation Videosequenzen aufnehmen können, nicht nur bei minimal invasiven Eingriffen, sondern auch bei offenen Eingriffen, wie zum Beispiel Schilddrüsen-OPs. Dadurch könnte man dann eine Operationsdatenbank herstellen, die sich die Studierenden angucken können, um zu verstehen, wie so eine Operation eigentlich abläuft. Das gilt natürlich auch für andere Dinge, wie zum Beispiel Nahttechniken. Auch als Operateur schaue ich mir solche Videosequenzen gerne an, denn man nimmt sehr viel daraus mit.