Dr. Gordon John
"Ich versuche in der Lehre das zu erfüllen, was mir als Student selber gefehlt hat."
Dr. Gordon John, leitender Oberazt in der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Aufnahme, schafft es erneut, die Studierenden mit seiner Lehre zu begeistern. Bereits mehrmals wurde er für einen Lehrpreis nominiert; die Nominierung für den Lehrpreis Medizin 2021 erhält er für seine Vorlesungen, Seminare und Praktika.
Die Studierenden schätzen die gute Organisation seiner Vorlesungen und Kurse, welche von Kompromissbereitschaft und Flexibiltät geprägt sind. In all seinen Lehverantsaltungen habe er zudem den Anspruch, dass die Inhalte verstanden und auch angewendet werden können. Besonders hervorgehoben wird auch Dr. Johns engagierte und studentenorientierte Lehre während der Corona-Pandemie: „Er ist über moderne Medien wie MS Teams, Email oder Videotelefonie jederzeit ansprechbar. Er zeigt sich hilfsbereit und antwortet mit viel Geduld auf fachliche Fragen, organisatorische Punkte oder persönliche Anliegen“.
Sie wurden gleich für eine ganze Reihe an Veranstaltungsformaten nominiert, unter anderem für den Operations- und Extraktionskurs sowie für den "Schweinekieferkurs". Worum geht es da?
Beim ersten Format handelt sich um eine Mischung aus Vorlesung, wo die theoretische Basis vermittelt wird, und dann schlagen die Studierenden bei uns für den Extraktionskurs eine Woche lang auf. Da geht es dann darum, am Patienten eine Anästhesie zu setzen, also wirklich ins Gewebe einzustechen, was ja durchaus mit einer gewissen Hemmung verbunden sein kann. Als Lehrkraft versucht man dann eine gewisse Ruhe auszustrahlen. Die Studierenden sollen wissen „ Wenn er im Raum ist, dann kann mir nichts passieren“. Das ist wie ein Rettungsfallschirm, damit man auch druckbefreiter arbeiten kann.
Als ich hier angefangen habe, war es relativ häufig so, dass Leute im Raum kollabiert sind, weil sie Angst hatten, Fehler zu machen. Das ist auch ein Grund, warum ich angefangen habe, mich mit den Studierenden zu duzen, um diese Distanz absichtlich zu reduzieren.
Man hat in diesem Format also die Möglichkeit, viele Behandlungen zu sehen. Gerade das visuelle oder auch das olfaktorische, also das Riechen, ist ganz wichtig bei uns, wenn doch mal eine Infektion vorliegt. Und eben das Anfassen, also wie fühlt sich etwas an. Wir holen die Patient:innen dann wirklich heran und tasten, die meisten Patienten machen das auch mit. Es ist wichtig, so etwas zu verinnerlichen. Gleiches gilt für eine OP. Nicht nur die Theorie, sondern selber fühlen, selber erleben, das ist ganz wichtig.
Im sogenannten "Schweinekieferkurs" wird den Studierenden ermöglicht selbstständig Zahnextraktionen, Wurzelspitzenresektionen und Nähte am Schweinekiefer durchzuführen. Die Planung dieses Kurs war während der Pandemie etwas aufwendiger, aber ich habe mich dafür eingesetzt, dass der Kurs mit strengen Hygieneauflagen trotzdem in Präsenz stattfinden konnte.
Während der Corona-Pandemie mussten ja viele Präsenz-Lehrformate digitalisiert werden. War das eine besondere Herausforderung für Sie?
Ja, auch wir mussten zwischenzeitlich komplett auf Online-Lehre umschwenken. Natürlich gibt man Gas und versucht alles umzusetzen, was nur möglich ist, aber gerade die Zahnmedizin ist ja ein Fach zum Anfassen. Man muss den Patienten sehen und schauen, was sagt die Körpersprache aus, wie ist die Wortwahl, wie ist die Stimmfarbe und –lage? Man kann nicht mit allen Patient:innen gleich umgehen und das geht leider gerade in der Online-Lehre verloren. Ich finde es einfach besser, wenn man da über die Schulter schauen kann und sieht, wie jemand situationsbezogen mit dem Patienten umgeht.
Was macht für Sie gute Lehre aus?
Wichtig ist, dass Wert auf die Kommunikation mit dem Patienten gelegt wird. Das wird sich jetzt mit der neuen Approbationsordnung in der Zahnmedizin verbessern. Als ich studiert habe, wurden wir einfach alle ins kalte Wasser geschmissen. Entweder hatte man dann eine gewisse Empathie und Talent dafür, oder man ist wirklich gnadenlos untergegangen.
Ich habe aber einen hervorragenden Professor damals im Studium in Leipzig gehabt, weswegen ich mich auch für ein Zahnmedizinstudium entschieden habe. Der hat es immer geschafft, Distanz abzubauen. Ich habe bis heute einen wahnsinnigen Respekt vor diesem Mann und er war trotzdem irgendwie immer einer von uns, also er war immer auf Augenhöhe für uns da. Wenn es ein Problem gab und jemand etwas nach der fünften Erklärung noch nicht verstanden hat, hat er es auch ein sechstes Mal erklärt – bis zur Prüfung, dann musste es sitzen.
So versuche ich das auch umzusetzen. Ich versuche also, nie zu vergessen, wie es auf der anderen Seite, als Student, war, und in der Lehre das zu erfüllen, was einem vielleicht auch selber gefehlt hat.
An welche Momente erinnern Sie sich als Lehrender gerne zurück?
Das Lächeln von den Studierenden, wenn sie dann zum ersten Mal einen Zahn gezogen haben und es sich vielleicht vorher gar nicht zugetraut haben, das ist jedes Mal ein schöner Moment.
Sie haben ja 2017 schon den Lehrpreis Medizin erhalten und wurden bereits mehrfach für den Lehrpreis der HHU nominiert. Wie haben Sie denn reagiert, als Sie von dieser Nominierung erfahren haben? Waren Sie noch überrascht?
Definitiv, ja. Das ist jedes Mal etwas Neues. Wir bieten ja semesterweise den Einstieg in der Zahnmedizin an. Da sitzen also jedes Mal neue Leute und man weiß nie, ob man wirklich alle erreicht. Es ist immer wieder eine neue Herausforderung und natürlich klasse, wenn dann so etwas dabei herumkommt, es auf einmal an der Bürotür klopft und jemand sagt „Hallo, wir haben das etwas vor…“. Das ist auf jeden Fall nicht zur Routine geworden für mich. Ich sehe das eher als Zeichen dafür, dass man es vielleicht doch geschafft hat, ein gewisses hohes Level zu halten und die Leute in der heutigen Zeit auch als „Altmodischer“, der sehr viel wert auf Präsenzlehre legt, noch mitzunehmen.
Wofür würden Sie das Preisgeld einsetzen?
Ich würde sehr gerne in unsere Infrastruktur investieren. Wir sind ja ein operatives Fach und ich würde unverschämt gerne Live-OP-Videos in den Hörsaal übertragen. Dann wird zum Beispiel während der Vorlesung eine OP einbestellt, die gerade zum Thema passt. Wenn die Theorie abgearbeitet ist, kommt dann ein kurzer Funk „Patient ist eingespritzt, wir können beginnen“. So merkt man sich die Abläufe einfach viel leichter. Das würde ich gerne umsetzen können, denn das ist ja auch etwas, was der Klinik über die Jahre etwas bringen würde.
Darüber hinaus wäre es auch schön, wenn wir Bildschirme im OP anbringen könnten. Wir haben ja immer Kleingruppen von zwei bis sechs Leuten. Wenn dann wirklich mal etwas ganz Spannendes läuft, ist es schwierig, sechs, sieben Leute vorbeizuschicken, um einen Blick über die Schulter zu werfen. So könnten sich auch diejenigen, die es vielleicht nicht so gut verkraften, in den Patienten reinzugucken, alles entspannt am Bildschirm anschauen und niemand verpasst etwas dabei. Das wäre mein Ziel.