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Studie erhält „Walter Siegenthaler Preis“ der Deutschen Medizinischen Wochenschrift
Palliativversorgung in Pandemiezeiten

Die Begleitung von schwerkranken und sterbenden Menschen war insbesondere in der ersten Welle der COVID 19-Pandemie herausfordernd. Infektionsschutz und Besuchsverbote erschwerten die Versorgung der Patientinnen und Patienten und die Zuwendung durch Angehörige. Eine Forschungsgruppe unter Leitung von Priv. Doz. Dr. Martin Neukirchen, Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin des Universitätsklinikums Düsseldorf, und Professorin Dr. Birgitt van Oorschot, Universitätsklinikum Würzburg, erhielten für ihre Originalarbeit nun den von der Deutschen Medizinischen Wochenschrift (DMW) vergebenen Walter-Siegenthaler Preis. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) während der Pandemie geförderten Netzwerks Universitätsmedizin (NUM) wurden patientennah tätige Klinikmitarbeitende zu ihren Erfahrungen in dieser Zeit befragt. Die Ergebnisse legen eine bessere Vorbereitung gegen Vereinsamung der Patientinnen und Patienten nahe.

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Verleihung des DMW Walter Siegenthaler Preises: v.l. Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, DGIM Präsident, Preisträger Priv. Doz. Dr. Martin Neukirchen, Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin, und Prof. Dr. Birgit van Oorschot, Leitende Oberärztin Palliativmedizin, Universitätsklinikum Würzburg sowie Prof. Dr. Martin Middekke, Schriftleiter DMW

Mehr als ein Drittel der Befragten in einer bundesweiten Online-Befragung von akutstationär tätigen Ärzten, Pflegenden und Therapeuten (Dezember 2020 bis Januar 2021) berichteten im Rahmen der Studie von einer verschlechterten Versorgungsqualität von Schwerkranken und Sterbenden. Besonders belastend empfanden sie die Vereinsamung der Patienten (86,5 Prozent). Hinzu kamen die verschärften Hygieneregeln (81 Prozent), die erhöhte Arbeitsbelastung (73 Prozent) und die psychische Belastung von Angehörigen und Hinterbliebenen (78 Prozent). Um mit Angehörigen Kontakt zu halten, konnten Patienten teilweise Tablets nutzen (28 Prozent) oder erhielten das Angebot einer Videokonferenz (9 Prozent). 61 Prozent der Befragten gaben an, palliativmedizinisches Fachpersonal eingebunden zu haben. Rund 70 Prozent hätten weitere palliativmedizinische Angebote als hilfreich empfunden.

„Die Umfrageergebnisse zeigen, dass wir nicht nur in Pandemiezeiten verstärkt digitale Gesprächsmöglichkeiten, wie z.B. videogestützte Familiengespräche, anbieten sollten. Außerdem ist der Einsatz von Psychologen und Seelsorgern und auch von ehrenamtlichen Mitarbeitenden in Pandemiezeiten besonders wichtig“, schließen die Autoren der Studie. Sie betonen, wie wichtig es angesichts der Pandemieerfahrungen sei, die Palliativversorgung als einen festen Bestandteil in zukünftige Pandemie- und Krisenpläne zu integrieren.

„Wir können aus den zurückliegenden Erfahrungen lernen und rechtzeitig Maßnahmen für die Zukunft entwickeln, um Menschen jederzeit ein Leben mit möglichst wenig belastenden Symptomen sowie ein würdevolles Sterben zu ermöglichen“, erklärt Priv. Doz. Dr. Martin Neukirchen. Professor Dr. Martin Middeke, Vorsitzender der Jury und Schriftleiter der DMW, betont: „In Pandemiezeiten fehlen Kapazitäten, um neue Angebote und Strukturen zu etablieren. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, auf eine verbesserte Versorgung Schwerkranker und Sterbender hinzuwirken. Die ausgezeichnete Studie bietet dafür sehr konkrete Empfehlungen.“

Originalpublikation:

L. Werner, M. Fischer, B. van Oorschot, A. Ziegaus, J. Schwartz, M.-C. Reuters, M. Schallenburger, T. Henking, S. Neuderth, S. Simon, C. Bausewein, C. Roch, M. Neukirchen für die PallPan-Forschungsgruppe „Allgemeine Palliativversorgung im Krankenhaus während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie“, DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2022; 147: e102–e113

Thieme E-Journals - DMW - Deutsche Medizinische Wochenschrift / Volltext (thieme-connect.com)

 

Hintergrund: Der DMW Walter Siegenthaler Preis

Die 1875 gegründete DMW, die seit 1887 im Georg Thieme Verlag erscheint, vergibt die nach dem Schweizer Internisten Professor Dr. Dr. h. c. Walter Siegenthaler (1923–2010) benannte Auszeichnung in diesem Jahr zum 24. Mal. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis zeichnet Autorinnen und Autoren aus, deren Forschungsarbeit im Vorjahr in der DMW publiziert wurde und prägenden Einfluss auf Medizin und Gesundheit genommen hat und nimmt.

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Kategorie/n: Medizinische Fakultät, Schlagzeilen, Pressemeldungen
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