Ko-Sprecher der neuen Forschungsgruppe 3031 ist Prof. Dr. Volker Hess, Institut für Geschichte und Ethik in der Medizin, Charité Berlin. Das HHU-Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin ist mit einem Forschungsprojekt zur Geschichte der forensischen Psychiatrie von Dr. Chantal Marazia "Gefährlich krank. Der Maßregelvollzug in der BRD (1960-2000) im Feld gegenläufiger Strömungen“, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, und dem Koordinationsprojekt beteiligt.
Die Geschichte der Psychiatrie ist eine Geschichte der Differenz von „normal“ und „verrückt“. Diese Differenz wird jedoch zunehmend brüchig: Auf der einen Seite gewinnt das Verrückte eine alltägliche Normalität, angefangen von der Öffnung der psychiatrischen Anstalten und Integration der Insass*innen in die Gesellschaft bis hin zum neuen Schlagwort der Neurodiversität. Auf der andere Seite werden Verhaltens- und Reaktionsweisen wie Rausch, Stress oder Aufmerksamkeitsdefizit pathologisiert und Gegenstand psychiatrischer Interventionen.
Damit verlieren bislang bewährte Narrative der Psychiatriegeschichtsschreibung ihre Deutungskraft, die sich gerade jener Dichotomie verdankt, die gegenwärtig in Frage steht. Hier setzt die interdisziplinäre Forschungsgruppe an. Sie versucht nicht, eine Veränderung der Konzepte von Verrücktheit nachzuzeichnen, sondern diese gegenläufigen Tendenzen als Ressource für die Zeitgeschichte zu mobilisieren. So will sie eine psychiatrische Zeitgeschichte nach Vorbild einer Anthropology of the Present entwerfen, die auch gegenwärtige Deutungsschemata von normal#verrückten Welten einer historischen Analyse unterzieht.
Eckdaten
An der Forschungsgruppe 3031 sind beteiligt:
- Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Prof. Dr. Heiner Fangerau (Sprecher)
- Charité Berlin, Institut für Geschichte und Ethik in der Medizin, Prof. Dr. Volker Hess (Ko-Sprecher)
- Humboldt-Universität zu Berlin
- Ruhr-Universität Bochum
- Evangelische Hochschule Dresden
- Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
- Universität zu Lübeck
- Universität Luxemburg
Fördervolumen Düsseldorf:
Koordinationsprojekt: 375. 000 Euro
Teilprojekt: 296.800 Euro
Laufzeit: 36 Monate