Wer an Einrichtungen des Gesundheitswesens denkt, hat häufig die Arbeit in der Verwaltung vor Augen. Doch an der Schnittstelle zwischen medizinischer Versorgung und Verwaltung bietet der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ein facettenreiches Berufsfeld mit hoher gesellschaftlicher Relevanz für Mediziner:innen. Welche erstaunliche Themenvielfalt, zukunftsfähige Ausrichtung und Interdisziplinarität hinter dem ÖGD steckt, soll nun im Düsseldorfer Medizinstudium stärker verankert werden.
Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist neben der ambulanten und stationären Versorgung ein zentrales Element des Gesundheitssystems in Deutschland. Als Teil der staatlichen Gesundheitsverwaltung übernimmt der ÖGD vielfältige Aufgaben: vom Infektionsschutz über die Gesundheitsberichterstattung bis hin zur Prävention und Gesundheitsförderung in der Bevölkerung. Als Schlüsselpunkt zwischen Medizin, Verwaltung und Gesellschaft deckt er ein interdisziplinäres Feld mit hoher Relevanz für die öffentliche Gesundheit ab.
Das Center for Health and Society (chs) an der Medizinischen Fakultät Düsseldorf steht für eine enge Verzahnung von Forschung, Praxis und Lehre. Seit Jahren kooperiert es bereits mit lokalen Akteur:innen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und nun arbeitet es daran, die Lehre im Bereich des ÖGD sichtbarer, praxisnäher und attraktiver zu gestalten. Durch neue Formate, welche Gesundheitsämter als Lernort für Studierende erlebbar machen, soll dieses Berufsfeld zukünftig umfangreicher im Curriculum Medizin verankert werden. Ziel ist es, angehenden Ärztinnen und Ärzten nicht nur ein besseres Verständnis für die Aufgaben und Strukturen des ÖGD zu vermitteln, sondern auch Interesse für eine spätere Tätigkeit in diesem Bereich zu wecken. PD Dr. phil Simone Weyers, MME, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Soziologie und Arbeitsgruppenleiterin der AG Prävention und Gesundheitsförderung, gibt Einblicke in die Umsetzung.
Ein Pilotprojekt startete am 17. Februar 2025: Im Rahmen des vom Gesundheitsamt Mettmann initiierten Wahlpflichtfachs „Öffentliches Gesundheitswesen für Studierende der Human- und Zahnmedizin“ erhielten Studierende vor Ort in Mettmann eine Woche lang Einblicke in alle medizinisch relevanten Bereiche eines Gesundheitsamtes. Das Aufgabenspektrum eines Amtsarztes oder einer Amtsärztin reicht von Einschulungsuntersuchungen über die Hygieneüberwachung bis zur Bearbeitung von Infektionsgeschehen und umweltmedizinischen Fragestellungen. Aufgrund der hohen Resonanz führt das Gesundheitsamt Mettmann dieses Angebot im Sommersemester fort. Weitere Formate, wie z.B. Famulaturen im Gesundheitsamt, sollen folgen.
Basierend auf deutschlandweiten Bestrebungen, das Wahltertial im Gesundheitsamt nach der neuen Approbationsordnung curricular zu verankern, ist auch in Düsseldorf ein wesentlicher Baustein der zukunftsorientierten Ausbildung die Etablierung eines Abschnitts des Praktischen Jahres (PJ) im ÖGD. Abseits von Krankenhausfluren, OPs und Fallbesprechungen einzelner Patient:innen öffnet sich für die Medizinstudierenden ein Blick auf die bevölkerungsmedizinische Perspektive – und damit auf das Wohlergehen der gesamten Bevölkerung. Um den Studierenden das Potpourri an Möglichkeiten sichtbar zu machen, wird aktuell ein Ausbildungskonzept entwickelt. Dieses ist konzeptionell in das neue Wissenschafts-ÖGD-Netzwerk, dem alle medizinischen Fakultäten in NRW angehören, eingebunden und wird unterstützt durch QVM-Mittel. Die Gesundheitsämter in Düsseldorf, Mettmann und Neuss zeigen bereits großes Interesse, PJ-Studierende der HHU aufzunehmen und praxisnah auszubilden.
Mit der strukturellen Weiterentwicklung von Lehrformaten und Projekten, die außerhalb von Kliniken stattfinden und die Anwendung gesellschaftszentrierter Medizin vorstellen, kann nicht nur die Sichtbarkeit dieses Berufsfeldes, sondern langfristig ein Gewinn für den dringend benötigten ärztlichen Nachwuchs im ÖGD gefördert werden.