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Studie zum monoklonalen Antikörper Bamlanivimab
Häufige SARS-CoV-2 Fluchtmutationen bei immunsupprimierten Patienten

Aktuell publizierten Wissenschaftler*innen am Universitätsklinikum Düsseldorf die Ergebnisse einer Studie zur Entwicklung der viralen Flucht-Mutation E484K bei SARS-CoV-2-infizierten, immunsupprimierten Patienten, die mit dem monoklonalen Antikörper Bamlanivimab behandelt wurden. Monoklonale Antikörper (mAb) stellen grundsätzlich einen wichtigen und inzwischen in Ihrer Wirkung gut belegten Therapieansatz in der frühen Phase der Infektion mit SARS-CoV-2 dar. Das Paper erschien aktuell in The Lancet Regional Health – Europe.

3D Illustration des Coronavirus COVID-2019 im Mikroskop Zoom

SARS-CoV-2 entwickelt die Flucht-Mutation E484K bei SARS-CoV-2-infizierten, immunsupprimierten Patienten, die mit dem monoklonalen Antikörper Bamlanivimab behandelt wurden.

Ab Anfang 2021 stellte das Bundesministerium für Gesundheit, beginnend mit dem mAb Bamlanivimab, Kliniken in Deutschland die Therapieoption mit monoklonalen Antikörpern zur Verfügung. Der Antikörper sollte zur Behandlung von SARS-CoV-2 bei mit dem Virus infizierten Patienten mit noch milden bis moderaten Symptomen und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von COVID-19 eingesetzt werden.

Für bestimmte Patientengruppen, die in klinischen Studien typischerweise unterrepräsentiert sind, wie Patienten mit ausgeprägter Immunschwäche, lagen zu diesem Zeitpunkt noch keine detaillierten wissenschaftlichen Daten vor. Es war nicht bekannt, ob und in welchem Ausmaß eine SARS-CoV-2-Behandlung mit monoklonalen Antikörpern das Auftreten von Fluchtmutationen, sogenannten Immun-Escape-Virusvarianten, in dieser Patientengruppe begünstigen könnte.

Sechs Patienten, bei denen aufgrund ihrer medizinischen Vorgeschichte - erfolgte Transplantation, hämatologische Erkrankungen, Immunsuppression bei Autoimmunerkrankung oder AIDS - ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 zu erwarten war, wurden entsprechend der damaligen Empfehlungen mit Bamlanivimab behandelt. Nachdem bei mehreren Patienten der Verlauf der SARS-CoV-2 Viruslast im Nasen-Rachen-Raum Hinweise auf ein mögliches Therapieversagen der Bamlanivimab-Therapie ergab, erfolgte eine Analyse der vollständigen Erbinformationen (Ganzgenomsequenzierung) der SARS-CoV-2 Virusproben vor, während und nach der Therapie.

Bei fünf dieser sechs Patienten (83,3%) wurde dabei das neue Auftreten einer E484K-Mutation nachgewiesen. Die E484K-Mutation - von der bekannt ist, dass sie einen Immun-Escape bewirkt -  kommt auch bei mehreren der „besorgniserregenden SARS-CoV-2 Virusvarianten (VOC)“ wie Beta, Gamma sowie weiterer unter Beobachtung stehender Virusvarianten (VOI) vor.

„Da die E484K-Mutation die natürliche Immunität, die Wirksamkeit von Impfungen sowie viele Antikörper-basierte Therapien beeinträchtigen kann, könnten diese Ergebnisse nicht nur wichtige Auswirkungen auf individuelle Behandlungsentscheidungen haben, sondern auch Risiken für Maßnahmen zur Pandemiekontrolle aufzeigen“, erklärt Dr. Björn Jensen, Erstautor der Studie und Bereichsleiter Spezielle Infektiologie der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie des Universitätsklinikums Düsseldorf. „Bei einer Therapie immungeschwächter Patienten im ambulanten Bereich würde ohne gezielte klinische und virologische Überwachung außerdem das Risiko einer Übertragung dieser Viren mit Immun-Escape-Mutationen auf andere Personen bestehen“, warnt Dr. Nadine Lübke aus dem Institut für Virologie.

Die geringere eigene Immunantwort bei diesen immungeschwächten Patienten führt zu einer verlängerten Phase der viralen Vermehrung, die in Kombination mit dem eng fokussierten Selektionsdruck eines einzelnen monoklonalen Antikörpers den raschen viralen Immun-Escape erklären könnte, der bei unseren Patienten beobachtet wurde.

Die Autoren empfehlen aufgrund dieser Erkenntnisse, ähnlich zu Erfahrungen bei anderen Viruserkrankungen, bevorzugt Kombinationen von zwei oder mehr monoklonalen Antikörpern einzusetzen, um dadurch die „genetische Barriere“ zu erhöhen und das Risiko einer viralen Flucht vor der Antikörper-Immuntherapie durch Mutation zumindest zu verringern. Inzwischen stehen in Deutschland einerseits die Kombination der mAb Bamlanivimab/Etesevimab als auch die kombinierten mAb Casirivimab/Imdevimab zur Verfügung.

„Bis weitere Daten zur Verfügung stehen, legen unsere Ergebnisse nahe, dass bei der Verwendung von monoklonalen Antikörpern bei immungeschwächten und mit SARS-CoV-2 infizierten Patient*innen besondere Vorsicht geboten ist“, sagt Prof. Dr. Tom Lüdde, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie.

Originalarbeit:

Jensen B et al. Emergence of the E484K mutation in SARS-COV-2-infected immunocompromised patients treated with bamlanivimab in Germany. „The Lancet Regional Health - Europe“, DOI: https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2021.100164

Hintergrund

Beteiligte Einrichtungen am Universitätsklinikum Düsseldorf:

  • Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie
  • Institut für Virologie
  • Klinik für Anästhesiologie, der
  • Klinik für Hämatologie, Onkologie und Klinischen Immunologie
  • Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene

Kontakt:

Dr. Björn-Erik Ole Jensen, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie. Bereichsleitung Spezielle Infektiologie, Tel.: +49-211-81-18942,

 

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Kategorie/n: Medizinische Fakultät, Schlagzeilen, Pressemeldungen
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