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Ein Resümee nach acht Jahren klinisch-praktischem Prüfen in Düsseldorf

Wie Prof. Dr. med. Stefan Wilm den OSCE als Kompetenzprüfung an der Medizinischen Fakultät etablierte und was er und sein Team gelernt haben.

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Eine Woche, zehn Stationen und rund 380 Prüflinge – das ist der OSCE, welcher seit nunmehr acht Jahren als Prüfungsverfahren für den klinisch-praktischen Teil der Ärztlichen Zwischenprüfung dient. Beim OSCE durchlaufen die Studierenden innerhalb eines Tages und in definierten Zeitintervallen mindestens zehn Prüfungsstationen, bei welchen sie Aufgaben in einer vorgegebenen Zeit und unter Beobachtung einer Prüferin oder eines Prüfers mündlich-praktisch lösen. Die Leistungen werden daraufhin mit Hilfe einer zuvor definierten Checkliste bewertet und dokumentiert.

1998 kam Prof. Dr. med. Stefan Wilm zum Universitätsklinikum Düsseldorf. Seit 2012 ist er Lehrstuhlinhaber und Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, ist Gründungsmitglied des Centre for Health and Society der Medizinischen Fakultät und geht als Facharzt für Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Geriatrie einer hausärztlichen Tätigkeit nach. Seit 2016 ist er außerdem Vorsitzender für den klinisch-praktischen Teil der Ärztlichen Zwischenprüfung, die er mittels Einführung des OSCE (Objective Structured Clinical Examination) am Standort Düsseldorf zu einer Prüfung auf Staatsexamensniveau entwickelte. Von der Konzeption bis zum Aufbau und der Durchführung war er fester Bestandteil des kompetenzbasierten Prüfungsformats. Zum Wintersemester 2024/25 beendet er die Leitung. Im Gespräch erzählt er von seiner Überzeugung des praktischen Prüfens, dem Beruf als Allgemeinmediziner und den Lehren der vergangenen Jahre.

Wie entwickelte sich der klinisch-praktische Teil der Ärztlichen Zwischenprüfung (OSCE) am Standort Düsseldorf unter Ihrer Leitung?

Durch meine Zeit als Leiter des Lehrstuhls für Allgemeinmedizin und Familienmedizin in Witten hatte ich bereits Erfahrungen mit OSCE als Prüfungsform sammeln können. Als ich nach Düsseldorf kam und 2013 der Modellstudiengang Medizin gegründet wurde, bekam die Vermittlung von praktischen Kompetenzen einen bedeutend höheren Stellenwert. Zuvor war es so, dass angehende Ärzt:innen erst gegen Ende des Studiums in den Patient:innenkontakt kamen. Das hört sich für Nicht-Mediziner:innen ungewöhnlich an – und das ist es auch. Deswegen beschlossen die Architekt:innen des Modellstudiengangs dies grundsätzlich zu ändern und die praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten bereits von Anfang an zu lehren. Was man lehrt, muss man auch prüfen – so entwickelte ich gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe die Kompetenzprüfung mittels OSCE, welche wir 2016 zum ersten Mal durchführten. Alle Stationen der Prüfung wurden entlang des Gelehrten aus den ersten sechs Semestern konzipiert und ab diesem Zeitpunkt als Staatsexamensprüfung angesetzt.

Was macht dieses Prüfungsformat so besonders?

Das Besondere an dem Format ist, dass es eine Kompetenzprüfung ist. Dort können die Studierenden zeigen, dass sie es können! Es wird auf Fertigkeiten geprüft und nicht auf Fakten. Die Prüfung offenbart objektiv, was man wirklich kann, und nicht, was man theoretisch weiß. Das kann natürlich kränkend sein, wenn man als Prüfling am Ende gesagt bekommt, dass die eigene Leistung nur „befriedigend“ ist. Fakt ist jedoch, dass es ein faires Prüfungsformat ist, bei dem geprüft wird, was man draufhat oder nicht. Zum großen Teil ist es natürlich auch toll zu sehen, was die Studierenden nach dem sechsten Semester bereits als zukünftige Ärzt:innen können. Die Durchfallquote war von Anfang an niedriger als 2 Prozent, zuletzt sogar weniger als 1 Prozent. 

Welche Herausforderungen bringt der klinisch-praktische Teil der Ärztlichen Zwischenprüfung mit sich?

Im Laufe der Jahre haben wir drei Herausforderungen erkannt: die technische und praktische Umsetzung, die Prüfer:innen und die Akzeptanz bei den Studierenden. In Düsseldorf wird die Ärztliche Zwischenprüfung (ÄZP) auf Staatsexamensniveau geprüft. Es gibt nur wenige Universitäten, die dies tun. Die Herausforderung der ÄZP ist deshalb, dass ab dem ersten Durchlauf alles wasserdicht sein musste. Damit die Prüfung auf höchstem Niveau sein kann, muss sie fair ablaufen, was bedeutet, dass das Zusammenspiel von Organisator:innen, Prüfer:innen, Techniker:innen und studentischen Mitarbeiter:innen wie ein Zahnrad laufen muss, um den formalen und technischen Voraussetzungen standhalten zu können. Innerhalb einer Woche 380 Studierende durch eine Fertigkeitenprüfung zu bringen ist eine große Herausforderung. Und das ist natürlich eine Teamleistung! Ich bin zwar der Motor, weil ich weiß, wie man das macht und die Stationen konstruiere. Dass die OSCE so fehlerfrei und stabil ablaufen, geht aber nur, wenn ein Team sich blind vertraut und zusammenarbeitet. Dass dies über die Jahre so gut funktioniert hat, ist toll – und das wünsche ich auch meiner Nachfolge.

Um den Studierenden von Montag bis Freitag eine kontinuierlich fehlerfreie und faire Prüfung garantieren zu können, kommen die Prüfer:innen jedes Jahr zu einem Training. Das, was sie prüfen, muss präzise sein und valide messen, was zu messen ist. Gerade, weil es eine Staatsexamensprüfung ist, ist es auch die Aufgabe der Prüfer:innen, diese Herausforderung einer stark standardisierten Prüfung zu tragen. Und das haben in Düsseldorf von Anfang an die meisten Prüfer:innen sehr engagiert und zuverlässig mitgemacht.

Eine weitere Herausforderung ist die Akzeptanz der Studierenden für ein solches Prüfungsformat. Obwohl wir für die Studierendenperspektive die Fachschaft und viele studentische Mitarbeiter:innen einbezogen haben und auch auf höchste Transparenz im Sinne einer Veröffentlichung von allen Testdaten setzen, ist die Begeisterung noch nicht ausgeprägt. Wir bleiben allerdings in Kontakt mit der Fachschaft und hoffen, dass Angebote wie der Unterricht durch trainierte studentische Tutor:innen bei der Vorbereitung im Untersuchungskurs helfen.

Was würden Sie Studierenden raten, die kurz vor dem klinisch-praktischen Teil der ÄZP stehen?

Üben. Üben an Patient:innen, in der Famulatur, im Praktikum, im Trainingszentrum. Je mehr man übt, desto besser wird man. Das ist eigentlich eine ganz simple Erkenntnis, aber wenn sie vorher nur Multiple-Choice-Prüfungen gewöhnt sind, ist es zum Teil eine Herausforderung für Studierende, ihr Gelerntes als Fertigkeit in der Prüfung beweisen zu müssen. Wenn man aber vorher beispielsweise bereits von den Famulaturärzt:innen, die einen begleiten, oder von den Patient:innen selbst zurückgemeldet bekommt, dass man etwas gut gemacht hat, dann kann es einem Sicherheit und Motivation für die Prüfung geben. Schließlich ist die Medizin eine Geisteswissenschaft, eine Naturwissenschaft und auch ein Handwerk. Und eine gute Ärztin oder ein guter Arzt lebt alle drei.

Weshalb haben Sie sich für die Allgemeinmedizin entschieden?

Das kam erst relativ spät. Eigentlich wollte ich immer Kinderarzt werden und habe auch mein Wahltertial im praktischen Jahr in der Pädiatrie gemacht. Gegen Ende des praktischen Jahres kam dann die Einsicht, dass die Kinderheilkunde mir zu schmal erschien, wenn man wirklich mit allen Menschen arbeiten will. Wenn man die ganze Familie beispielsweise mit einbeziehen will, muss man Generalist werden, und deswegen bin ich Allgemeinarzt geworden. Da habe ich die Möglichkeit, die Patient:innen in ihrer Gesamtheit zu sehen, im jeweiligen sozialen Umfeld und der Familie. Man sieht eben nicht nur ein Organ, sondern man sieht die Person, und das ist für mich das Reizvolle an der Allgemeinmedizin. Insbesondere durch meine Arbeit in der Praxis ist es schon schön zu sehen, dass man bei einem Individuum etwas bewegen kann – auch weil die Patient:innen einem das natürlich zurückspiegeln.

Was macht für Sie einen guten Arzt oder eine gute Ärztin aus?

Ich glaube, dass sich alle Autor:innen, die sich bereits über dieses Thema Gedanken gemacht haben, an einer Stelle treffen – und zwar bei der Patient:innenzentrierung. Der gute Arzt oder die gute Ärztin hat – so simpel das auch klingt – die Aufgabe, für das Wohl der Patient:innen zu sorgen. Den Patient:innen in ihrem In-der-Welt-Sein, würde Heidegger jetzt sagen, also von ihnen selbst ausgehend dabei zu verhelfen, Gesundheit wieder herzustellen, Gesundheit zu erhalten oder mit chronischen Krankheiten umzugehen. Und das bedeutet, dass sie von der Position wegkommen, in der Sie ‚besser‘ wissen, was den Patient:innen weiterhelfen kann und eher darauf eingehen, was sie als Person brauchen, um zufrieden leben zu können. Die Person in den Mittelpunkt zu stellen ist ein zentrales Element vom Dasein einer guten Ärztin oder eines guten Arztes. Und Kommunikation ist mit Sicherheit auch ein Baustein, um den Patienten oder die Patientin kennenzulernen und gut behandeln zu können.

Was hat es mit der goldenen Schärpe auf sich, die sie zum Abschied geschenkt bekommen haben?

In dieser einen OSCE-Prüfungswoche haben wir ungefähr 120 Prüfer:innen, ca. 20 bis 25 studentische Hilfskräfte, um die 15 Simulationspersonen, drei Techniker, drei Verantwortliche – einen Haufen Leute, die da herumflitzen – und dann kommen natürlich die Prüflinge. Damit wir überhaupt sehen und erkennen, wer dazu gehört, tragen alle, die zum Team gehören, eine grüne Schärpe. Wir hatten mal eine Kollegin, die drei Prüfungen hintereinander total engagiert absolviert hat, und da habe ich damals als Dank eine der grünen Schärpen in meinem Garten mit goldener Farbe besprüht. Am Schluss war der Rasen goldfarben, aber die Schärpe hat die Farbe kaum angenommen. Dann zog sich das so durch, und immer der oder die Prüfer:in, der oder die in dieser Woche am engagiertesten war, hat die goldene Schärpe getragen. Nun habe ich zum Abschied und für die vergangenen 25 Prüfungen selbst die goldene Schärpe geschenkt bekommen.

Foto: Melanie Schrumpf

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Kategorie/n: Studium und Lehre, Medizinstudium
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